Suizidalien

Suizidalien Teil 1
Suizidalien Teil 2
Suizidalien Teil 3
Suizidalien Teil 4
Suizidalien Teil 5
Suizidalien Teil 6
Suizidalien Teil 7
Suizidalien Teil 8
Suizidalien Teil 9

Irene hatte für eine freie Welt gekämpft. Rückblickend war schon vieles besser geworden, aber Irene war nie zufrieden. Dann trafen sie mehrere Schicksalsschläge. Ihr Leben geriet aus den Fugen, sie schaffte es nicht mehr, sich neu zu motivieren. Um den Alltag zu vergessen, half sie nach und stürzte immer weiter ab. Mehrere Anläufe, sich wieder zu fangen, scheiterten. Dann hörte Irene von einer Neuerung in der sich weiter von den alten Herrschaftsstrukturen befreienden Welt: Es gab einen Ort, an dem Menschen ihrem Leben ein Ende setzen konnten – ohne Angst vor dem Sterben in einem angenehmen Umfeld. Zwei Jahre kämpfte Irene mit dem Gedanken und war zunehmend fasziniert von der Hoffnung auf ein würdiges Ende. Sie schlich mehrfach um das Gelände. Doch einen Einblick erhielt sie erst, nachdem sie sich entschloss, diesen Weg zu gehen. Der Roman schildert die letzten Stunden von Irene. Sie erlebt eine eingemauerte Welt mit Menschen, die nicht mehr zu verlieren haben, wo Macht oder Reichtum keinen Sinn mehr ergeben. Es werden die interessantesten Stunden im Leben von Irene. Nie zuvor lernte sie so viele Menschen neu kennen, führte so intensive Gespräche und entwickelte so kreative Ideen – jetzt, wo es nichts mehr nützte. Begleiten Sie Irene durch die letzten Stunden ihres Lebens und lassen Sie sich anstecken von dem, was Menschen miteinander machen, wenn sie nur noch sich selbst und wenige Tage Zeit haben.

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One Reply to “Suizidalien”

  1. Hendrik

    Vielen Dank an „Fratzig vorgelesen“für dieses Buch. Man kann sich wirklich einen Haufen Gedanken darüber machen. Es hat mich die letzten Tage begleitet und einige Fragen, Überlegungen und innere Widerstände aufgeworfen, die ich an dieser Stelle mal anbringen möchte.

    Ich habe den Roman als Appell gegen institutionalisierten oder organisierten assistierten Suizid verstanden. Inwiefern das beabsichtigt war, kann ich nicht so recht sagen. Zwischendrin kam es mir fast vor, als ob die Selbstmördis eine Avantgarde sein sollten, die die eigene Egozentrik überwindet, während die Gesellschaft draußen auf halbem Wege zur befreiten Gesellschaft stecken geblieben ist.
    Die Menschen gehen an diesen Sterbeort und können dort für 4 Tage ein lebenswertes Leben führen, d.h. sie könnten es unter anderen Umständen auch außerhalb der Mauern für längere Zeit, sie werden nicht grundsätzlich durch ihre Krankheiten daran gehindert. Statt dann an den Umständen und Verhältnissen zu arbeiten (sei es Palliativmedizin, sei es Überwindung des Kapitalismus) betreutes Sterben anzubieten ist dann zynisch.
    Dass allein die zeitliche Perspektive nur noch wenige Tage Lebenszeit vor sich und damit nichts mehr zu verlieren zu haben, dass Leben noch einmal lebenswert macht, halte ich für unrealistisch. Vor diesem Hintergrund des begrenzten Zeithorizonts kommt mir vieles an dem Verhalten der Todgeweihten nicht so realistisch vor. Wieso machen sich die Leute in der Einrichtung um alles mögliche Gedanken, aber der fremdbestimmte Zeitpunkt des Sterbens bleibt unhinterfragt? Stattdessen stehen sie wie Schafe vor der blauen Tür. Warum macht die reflektierte Irene sich umständlich Gedanken um Gefängnisse in der Vergangenheit und hinterfragt nicht die Abgeschlossenheit der Sterbewilligen? Kann man denn Abbrechen oder nicht? Und Todesangst scheint keiner zu haben? Wo sind eigentlich (die Gedanken an) die Angehörigen? Warum sagt Irene denn, dass ihr Körper nicht mehr mitspielt, wenn er doch aktuell in der Einrichtung offenbar doch mitspielt? Irene verscheucht ein paar Zweifel, das ist alles? Das kann ich mir nicht vorstellen. Eine perverse Art der Selbstbestimmung in der kein Zaudern und Zweifeln Raum hat.

    Ist das das Dystopische an dieser zukünftigen Gesellschaft, die Geschlechterrollen und Gefängnisse überwunden hat? Die Aufhebung von Geschlechterrollen und Gefängnissen ohne Überwindung des Kapitalismus kann ich mir gut vorstellen. Sie sind nicht notwendig für das Funktionieren des Kapitalismus. Verbesserungen lässt der Kapitalismus durchaus zu, solange es das Profitstreben nicht beeinträchtigt. Ich hätte gerne mehr über die Welt außerhalb der Einrichtung erfahren, vor allem was die Gesellschaft der Zukunft bei diesen Transformationen verpasst hat.

    Der Einschub vor dem alternativen Ende war sehr gelungen und hat mich ziemlich überrascht. Ich war kurz davor es sogar zu glauben, auch weil ich ich im Internet quasi nichts über die Suizidalien gefunden hatte. Je nach Ende verschiebt sich der Interpretationsrahmen natürlich. Ich hatte mir vorher folgendes Ende überlegt: Die blaue Tür führt in einen therapeutischen Scheintod, der nachher die Menschen glücklich und selbstbestimmt weiterleben lässt.

    Die genderneutrale Sprache funktioniert für mich erstaunlich gut, hätte ich nicht gedacht. Komplimente auch an die Sprechi: Es war sehr angenehm zu hören und der distanzierte Tonfall passte gut zu der Protagonistin.

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